18. Sep 18
Aufklärung braucht Aufklärung!
Zugegeben, das klingt jetzt einigermaßen tautologisch – also doppelt gemoppelt und dennoch nicht recht erhellend. Aufklärung ist, wenn – mich – jemand aufklärt (oder vielleicht auch mal umgekehrt). Damit kommen wir der Sache, um die es hier geht, schon ein wenig näher. Aufklärung ist nicht einfach etwas, sondern da passiert etwas. Oder genauer: da passiert nicht einfach etwas, sondern da passiert etwas mit und zwischen Personen.
In der aktuellen politischen Situation in Europa wird gerne die Forderung nach einer – zweiten – Aufklärung erhoben. Einer für die islamische Bevölkerung, der die erste vielleicht abgeht. Oder auch einer für die offenbar größer werdende Zahl jener, die anscheinend vieles davon wieder vergaßen, was nach der europäischen Aufklärung als geklärt galt. Und die anscheinend wieder gerne in eine neue ‚selbstverschuldete Unmündigkeit‘ zurück möchten.
Unmündigkeit ist laut Lexikon „das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen“. Was dabei gerne übersehen wird: Das Vermögen, sich selbständig seines Verstandes zu bedienen, fällt nicht einfach vom Himmel. Die Gelegenheit zum Lernen steht zwischen der Unmündigkeit und der Mündigkeit. Aufklärung braucht also Aufklärerinnen und Aufklärer.
Und Aufklärung braucht Inhalte, Informationen, mit denen nicht nur die eh schon vollends Aufgeklärten ihren Verstand beschäftigen können.
Aufklärung braucht Zugang zu Information und Wissen. Dass noch nie so viel Wissen vorhanden war und auch digital gespeichert vorliegt, das allein macht noch keine Aufklärung. Wirkung im gesellschaftlichen Alltag kann nur jenes Wissen schaffen, das – leicht – nutzbar vorhanden ist; besser noch, das potentiellen Nutzerinnen und Nutzern aktiv nahegebracht wird. Aufklärung braucht somit auch welche, die sich um diesen Zugang kümmern.
Schon klar: Kants Wort von der „selbstverschuldeten Unmündigkeit“ scheint all jene, die sich nicht damit bemühen möchten, auch anderen Personen den Zugang zum Lernen und zur Weiterentwicklung zu eröffnen, großzügig zu exkulpieren. Und: Ein Heer von unmündigen Dummen zu haben, damit die Cleveren bequemer leben können, scheint ja immer wieder einmal durchaus verlockend. Von wahrhaft aufklärerischer Gesinnung zeugt eine solche Haltung aber doch eher nicht.
Bleiben wir also dabei, Aufklärung braucht Aufklärerinnen und Aufklärer, die so aufklären, dass möglichst alle mitkönnen! Ganz praktisch heißt das: So sprechen und schreiben, dass möglichst alle mitkommen und verstehen können.
Manche Fundamentalisten scheinen das gut erkannt zu haben und kümmern sich höchst erfolgreich um weltanschauliche und religiöse Bildung der ‚Unmündigen‘. Gratiszeitungen besorgen, leicht fasslich, deren politische und demokratische Reifung und machen ihre Profite auf Umwegen.
Solange wir ihnen das Feld der niederschwelligen Wissensvermittlung überlassen, solange bleibt die eingangs erwähnte Klage über die fehlende Aufklärung zu einem guten Teil ein Klagen über das eigene Versäumnis, zu ebensolcher beizutragen.
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